Der Amateur by Georges Simenon
Autor:Georges Simenon [Simenon, Georges]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Er ging. Zuerst wollte er ihr unbedingt ein Geschenk kaufen. Und da erinnerte er sich, daß seine Mutter sich früher immer eine Armbanduhr gewünscht hatte. So kaufte er eine mit Zifferblatt aus Diamantstaub für tausend Francs.
Man geht nicht mit leeren Händen zu Leuten auf Besuch... Auch ein Satz, den er auswendig kannte, den er tausendmal zu Hause und bei seinen Tanten gehört hatte. So kaufte er noch Hummer, Austern, ein paar Flaschen alten Wein und genug Kuchen, um zehn Personen den Magen zu verderben.
Dann nahm er ein Taxi. Zuerst zögerte er allerdings, denn er fühlte wohl, daß er lieber zu Fuß gehen sollte, aber er widerstand nicht der Versuchung, im Taxi heimzukehren.
Der Wagen bog in die stille Straße ein, hielt vor der grünen Tür, und das am Fenster stickende alte Fräulein lief in die Küche und verkündete:
»Therese!... Er ist’s!...«
»Er klingelt...«
»Wer, glaubst du, kann es denn sonst sein? Er ist im Auto gekommen...«
»Soll ich aufmachen?«
Madame Chevalier legte automatisch die Schürze ab, wischte sich die Hände an dem Frottiertuch, das neben dem Spülbecken hing.
»Ich habe fast Angst... Willst du ihm nicht aufmachen?«
»Ich?«
Das alte Fräulein schnitt ein Gesicht, als ob sie fragen wollte, ob ihre Vermieterin verrückt geworden sei.
»Bleib wenigstens bei mir... Ich kann dir nicht sagen, was für ein komisches Gefühl ich habe...«
De Ritter klingelte zum zweitenmal. Der mit den Paketen beladene Chauffeur stand neben ihm. Endlich ging die Tür einen Spalt auf.
»Monsieur?«
»Ich bin’s«, begnügte er sich zu sagen. »Guten Tag, Mutter.«
Zuallererst wich Madame Chevalier zurück.
»René«, stöhnte sie.
Dann drehte sie sich um und schrie:
»Augustine! Es ist René! Mein Sohn!«
Noch traute sie sich nicht, das Wort an ihn zu richten. Sie ließ sich umarmen und begann zu weinen. Der Chauffeur versperrte den Flur mit seinen Paketen.
»Einen Augenblick bitte«, sagte René.
Und zum Chauffeur:
»Lassen Sie das alles hier, und warten Sie draußen auf mich...«
»Wie? Du willst schon wieder fort?«
»Ich habe eine Verabredung um sechs... Aber ich werde wiederkommen.«
»Tritt ein... Entschuldige die... ich weiß nicht mehr... Gib mir deinen Hut und deinen Mantel.«
Er hängte sie selbst an den Garderobenständer aus Bambusrohr, schnupperte, fand den Geruch von einst nicht wieder.
»Gestattest du, daß ich Mademoiselle Augustine hereinlasse? Seit drei Jahren leistet sie mir Gesellschaft... Ach, wenn du wüßtest...«
Und schon wieder weinte sie, ließ das Gesicht auf die Schulter ihres Sohnes sinken, sagte schluchzend:
»René...«
Und dann ohne Übergang:
»Dein armer Vater...«
Er stand ratlos da, vermochte nicht die dem Ereignis geziemende Rührung aufzubringen und blickte auf das im Türrahmen stehende alte Fräulein, das darauf wartete, vorgestellt zu werden.
»Ach, Augustine, verzeih mir... Ich weiß nicht mehr, woran ich bin... Das hier ist mein Sohn... René!...«
Sie wiederholte es, fühlte es aber nicht. Wenn sie ihn anschaute, wirkte sie beunruhigt und verwirrt. Fast war es ihr, als müsse sie ihn siezen, ihn wie einen Besucher behandeln.
»Setz dich doch. Möchtest du nicht etwas trinken?«
»Nein, danke.«
»Nur ein Gläschen? Nein? Bleib, Augustine... Du störst nicht... Wir haben keine Geheimnisse ... Also René, du bist es...«
»Ja, ich bin’s ...«
Am liebsten hätte er die Flucht ergriffen. Das Zimmer war dunkel, und die Möbel standen nicht mehr am gleichen Platz. Andere waren dazugekommen, und in den Vasen steckten Papierblumen, was sein Vater nie zugelassen hätte.
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